Auf einen Kaffee mit Günther Bohuslav

Österreich hat zwar das Image einer besonderen Kaffeehauskultur, aber das Verständnis für wirklich guten Kaffee ist indessen nicht sehr ausgeprägt. Ein Besuch bei einem Kaffeeröster in Hartberg (Oststeiermark), der sich der Aufklärung über echten Kaffeegenuss verschrieben hat.

Fiaker, Brauner, Verlängerter, Einspänner, Melange, Mokka – die Kaffeenamen in Österreich sind kreativ, vielfältig und populär. Getrunken wird meist Kaffee aus Robusta-Bohnen. Diese Kaffeepflanzen wachsen auf Meereshöhe und sind gegenüber Schädlingen unempfindlich. Sie werden industriell angebaut und geerntet. Mit anderen Worten: Ein günstiges Massenprodukt – arm an natürlichen Geschmacksstoffen und reich an künstlichen Aromastoffen.

Wo bleibt der Aufstand des Konsumenten? Dieser denkt zu wenig darüber nach, wo und unter welchen Bedingungen der Kaffee angebaut wird. Und wie die Kaffeebauern auf ihren Farmen für ihre mühsame (Hand-)Arbeit entlöhnt werden. «Die junge Generation in den Städten hat mittlerweile ein besseres Verständnis von der Lebensmittelqualität», weiss Günther Bohuslav. Und auf dem Land? «Da dauert das noch ein bisschen», antwortet der Kaffeesommelier, der sich von Österreichs Meisterröster Professor Leopold Edelbauer in die Kaffeekunst einführen und ausbilden liess.

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Handverlesen, fruchtig und gesund

Günther Bohuslav betreibt zusammen mit seiner Lebensgefährtin Christiana Hribernik eine kleine Kaffeerösterei mit Café in Hartberg in der Oststeiermark. Dort röstet er täglich oder auf Bestellung beziehungsweise bei Bedarf Arabica-Kaffeebohnen bester Qualität für seine Kunden.

Die Kaffeekirschen dieser Sorte werden nur im reifen Zustand geerntet und von Hand verlesen. Arabica-Kaffeepflanzen liefern zudem viel weniger Ertrag als die Robustabohnen. Sie sind empfindlicher und teurer, aber auch gesünder. Arabica-Bohnen enthalten Fruchtsäure, die Robusta-Bohnen hingegen vornehmlich schädliche Chlorogensäure. Diese führt oftmals zu Übersäuerung, Sodbrennen und schliesslich zu Magenbeschwerden.

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Röstfrischer Kaffeegenuss

Qualität vor Quantität – das ist Günther Bohuslavs Credo. Deshalb röstet er nur in kleinen Mengen – meist zwischen 3 und 7 Kilo pro Charge. «Bei mir gibt’s nur frischen Kaffee», sagt er. Seine Kunden kommen aus Graz und auch aus Wien, um «Boh’s Beans» zu kaufen, oder sie bestellen ihren Lieblingskaffee gleich über den Onlineshop. Insgesamt 26 Sorten aus verschiedenen Herkunftsländern stehen zur Verfügung.

Die Kaffeebohnen bezieht Günther Bohuslav von verschiedenen europäischen Premiumhändlern, die er sorgfältig auswählt. Er bevorzugt Kaffee von Einzelfarmen, die organisch-biologisch produzieren und somit keine Pestizide oder künstliche Düngemittel verwenden. Während industrieller Kaffee zudem in grossen Schüttcontainern an Kaffeekonzerne geliefert wird, reihen sich in Günther Bohuslavs kleiner Rösterei Jutesäcke voller frischer, sortenreiner Kaffeebohnen aneinander. Qualität, die man sieht – und später in der Tasse schmeckt.

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Sanfte Kaffeeveredelung

Einen wesentlichen Beitrag zum Kaffeegenuss leistet auch der schwere Trommelröster, der in Handarbeit angefertigt wurde. Günther Bohuslav suchte im Internet nach einer geeigneten Röstmaschine für sein Geschäft und wurde in Griechenland fündig. Mit dieser röstet er die Bohnen schonend – und nach dem Verfahren der sogenannten Wiener Röstung. Bei dieser werden die Bohnen mittelbraun geröstet. Deren Geschmacksnoten können sich dabei am besten entfalten.

«Kaffeerösten ist ein Handwerk, das man verstehen muss. Es braucht Wissen, Erfahrung und vor allem viel Feingespür», sagt Günther Bohuslav. Der Röstvorgang dauert zirka 12 bis 20 Minuten. Er beginnt bei 70 Grad und endet bei 200 Grad. «Je nach Sorte ist das aber anders», weiss der Kaffeesommelier. «Die 26 Sorten, die ich anbiete, habe ich halbwegs im Griff, aber ich tüftle immer noch», erzählt er.

Umtriebiger Unternehmer

Das Experimentieren liegt Günther Bohuslav. Das sieht man auch an seinem Lebenslauf. Der gebürtige Wiener übte schon viele Berufe aus. Der Weltenbummler, der beinahe auf jedem Kontinent gearbeitet hat, war Koch, Küchenchef, Hoteldirektor, Innenarchitekt und Kunsthändler – in Wien, Afrika, Australien, Südamerika, Asien. Ein Macher, der vieles im Leben erreicht hat – würde man meinen. Und doch hat noch etwas gefehlt. Während andere mit 60 Jahren schon lange über den Ruhestand nachdenken, machte sich Günther Bohuslav als Kaffeeröster selbstständig und erfüllte sich damit einen Traum – von einer besseren und nachhaltigen Kaffeekultur, die er zusammen mit seiner Lebensgefährtin vorbildlich vorlebt und auch seinem böhmischen Nachnamen gerecht wird. Denn Bohuslav bedeutet: dem Gott sei gedankt.


Kontakt
Short Black Coffee Roasters
Preßlgasse 10, 8230 Hartberg, Oststeiermark
www.bohsbeans.com

Silke Knöbl
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