ALPHABET – Was nachhaltiger Tourismus vom Film über Bildung lernen kann

Stell dir vor: Ein Film über das Bildungssystem, der zeigt, wie Angst Kreativität zerstört und wie Liebe Potenziale entfaltet. Was hat das mit nachhaltigem Tourismus zu tun? Mehr als du denkst.

Der österreichische Dokumentarfilm „Alphabet – Angst oder Liebe?“ (2013) von Regisseur Erwin Wagenhofer stellt unbequeme Fragen: Warum ersticken wir Kreativität durch Leistungsdruck? Warum folgen wir blindlings einem System, das auf Konkurrenz statt Kooperation setzt? Und warum haben wir verlernt, aus Begeisterung zu handeln?

Diese Fragen sind nicht nur für das Bildungssystem relevant – sie treffen den Kern dessen, was im Tourismus schiefläuft. Und sie zeigen uns, wie nachhaltiger Tourismus aussehen könnte, wenn wir aus Liebe statt aus Angst reisen.

Der Film „Alphabet“ – Worum geht es?

„Alphabet – Angst oder Liebe?“ ist der dritte Teil von Erwin Wagenhofers Trilogie nach „We Feed the World“ (2005) und „Let’s Make Money“ (2008). Der Film untersucht, wie unser Bildungssystem funktioniert – und warum es oft das Gegenteil von dem erreicht, was es verspricht.

Die Hauptthesen des Films:

  • Angst zerstört Kreativität: Leistungsdruck, Konkurrenzdenken und die Angst zu versagen töten die natürliche Neugier und Kreativität von Kindern
  • PISA ist keine Lösung: Standardisierte Tests messen nur einen Bruchteil menschlicher Fähigkeiten und fördern Gleichschaltung statt Vielfalt
  • Wirtschaft diktiert Bildung: Das Bildungssystem produziert „funktionierende“ Arbeitskräfte, nicht selbstbestimmte, kreative Menschen
  • Liebe entfaltet Potenzial: Wenn Menschen aus Begeisterung lernen (statt aus Angst), entwickeln sie außergewöhnliche Fähigkeiten

Die Protagonisten:

  • Gerald Hüther (Hirnforscher, Deutschland): Erklärt, wie Begeisterung das Gehirn formt und warum Angst Lernen blockiert
  • Arno Stern (Pädagoge, Paris): Erfinder des „Malspiels“ – ein Raum ohne Bewertung, in dem Kinder frei malen
  • André Stern (Sohn von Arno Stern): Ist nie zur Schule gegangen, hat aus Begeisterung gelernt und ist heute erfolgreicher Musiker, Autor und Pädagoge
  • Andreas Schleicher (PISA-Koordinator, OECD): Verteidigt standardisierte Tests als Messinstrument für Bildungsqualität
  • Chinesische Schüler: Zeigen die Extreme des Leistungsdrucks – 12-Stunden-Tage, Auswendiglernen, kein Raum für Kreativität

Quellen:

  • Produkt
  • Fotos

Alphabet - Angst oder Liebe? (OmU)

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Last update was on: 23. Oktober 2025 15:12

Was hat das mit nachhaltigem Tourismus zu tun?

Auf den ersten Blick: nichts. Auf den zweiten Blick: alles.

Der Tourismus steckt in einer ähnlichen Krise wie das Bildungssystem. Wir haben ein System geschaffen, das auf Quantität statt Qualität, auf Konkurrenz statt Kooperation, auf Angst statt Liebe setzt. Und genau wie im Bildungssystem zerstört das die Dinge, die wir eigentlich schützen wollen.

Die Parallelen:

Bildungssystem (Film)Tourismus (Realität)
Leistungsdruck durch PISA-RankingsWachstumsdruck durch Nächtigungszahlen
Standardisierung tötet KreativitätMassentourismus zerstört Authentizität
Konkurrenz zwischen SchulenKonkurrenz zwischen Regionen
Angst zu versagenFOMO (Fear of Missing Out) bei Reisenden
Wirtschaft diktiert BildungWirtschaft diktiert Tourismus
Kinder verlieren BegeisterungReisende verlieren Authentizität

Lektion 1: Angst vs. Liebe – Warum reisen wir?

Im Film erklärt Gerald Hüther, dass Angst und Liebe die beiden grundlegenden Motivationen sind, die unser Handeln bestimmen. Angst führt zu Stress, Konkurrenz und Konformität. Liebe führt zu Begeisterung, Kreativität und Potenzialentfaltung.

Reisen aus Angst (FOMO-Tourismus):

  • ❌ Bucket Lists: „Ich muss das gesehen haben, bevor ich sterbe“
  • ❌ Instagram-Tourismus: „Ich muss das perfekte Foto posten, sonst war ich nicht wirklich dort“
  • ❌ Overtourism-Hotspots: Hallstatt, Venedig, Santorini – weil „alle“ dort waren
  • ❌ Schneller, mehr, weiter: 10 Länder in 14 Tagen, weil „man muss doch alles sehen“
  • ❌ Konkurrenzdenken: „Ich war schon in 50 Ländern – und du?“

Das Ergebnis: Stress, Oberflächlichkeit, keine echten Erlebnisse, Zerstörung der Orte durch Overtourism.

Reisen aus Liebe (Slow Travel, nachhaltiger Tourismus):

  • ✅ Begeisterung: „Ich will diese Region wirklich kennenlernen“
  • ✅ Authentizität: Echte Begegnungen mit Einheimischen, lokale Traditionen erleben
  • ✅ Entschleunigung: Slow Travel – weniger Orte, dafür intensiver
  • ✅ Respekt: Für Natur, Kultur, Menschen vor Ort
  • ✅ Sinnhaftigkeit: Reisen, die einen Beitrag leisten (Volunteering, regionale Wertschöpfung)

Das Ergebnis: Tiefe Erlebnisse, echte Verbindungen, Schutz der Natur, Stärkung lokaler Gemeinschaften.

„Wenn wir aus Angst reisen, sammeln wir Orte. Wenn wir aus Liebe reisen, sammeln wir Erlebnisse.“

Lektion 2: Kreativität statt Standardisierung – Tourismus neu denken

Der Film zeigt, wie Standardisierung (PISA-Tests, einheitliche Lehrpläne) die Vielfalt und Kreativität im Bildungssystem zerstört. Im Tourismus passiert das Gleiche.

Standardisierung im Tourismus:

  • ❌ Gleiche Hotels überall: Internationale Ketten verdrängen lokale Gasthäuser
  • ❌ Gleiche Angebote: Jede Region kopiert erfolgreiche Konzepte (Skywalks, Hängebrücken, Erlebnisparks)
  • ❌ Gleiche Routen: Alle folgen den gleichen Instagram-Hotspots
  • ❌ Gleiche Erlebnisse: Massentourismus macht Orte austauschbar

Das Ergebnis: Verlust von Authentizität, Einzigartigkeit und regionaler Identität.

Kreativität im nachhaltigen Tourismus:

  • ✅ Einzigartige Angebote: Bergsteigerdörfer, Bio-Bauernhöfe, Nationalparks – jede Region entwickelt ihre eigene Identität
  • ✅ Lokale Traditionen: Almwirtschaft, Handwerk, regionale Küche werden bewahrt und erlebbar gemacht
  • ✅ Innovative Konzepte: Werfenweng Sanft-Mobil, Bregenzerwald-Netzwerke, Genussregionen
  • ✅ Vielfalt statt Gleichschaltung: Jede Region bleibt einzigartig

Beispiel aus Österreich: Die Bergsteigerdörfer sind das Gegenteil von Standardisierung. Jedes Dorf (Ginzling, Mallnitz, Großes Walsertal, Vent) hat seine eigene Geschichte, Kultur und Identität. Keine Skipisten, keine Betonburgen, keine Massenunterhaltung – nur authentische Alpendörfer, die ihre Einzigartigkeit bewahren.

Lektion 3: Kooperation statt Konkurrenz – Regionen arbeiten zusammen

Der Film kritisiert das Konkurrenzdenken im Bildungssystem: Schulen konkurrieren um PISA-Rankings, Schüler konkurrieren um Noten. Das Ergebnis: Stress, Angst, keine echte Zusammenarbeit.

Im Tourismus ist es ähnlich: Regionen konkurrieren um Gäste, Unterkünfte unterbieten sich gegenseitig, jeder kämpft für sich allein.

Konkurrenz im Tourismus:

  • ❌ Regionen konkurrieren: Tirol vs. Salzburg vs. Kärnten – wer hat mehr Nächtigungen?
  • ❌ Preisdumping: Unterkünfte unterbieten sich gegenseitig, um Buchungen zu bekommen
  • ❌ Einzelkämpfer: Jeder Gastgeber arbeitet für sich allein
  • ❌ Verdrängung: Große Hotelketten verdrängen kleine, lokale Betriebe

Das Ergebnis: Preisverfall, Qualitätsverlust, keine regionale Wertschöpfung.

Kooperation im nachhaltigen Tourismus:

  • ✅ Regionale Netzwerke: Bregenzerwald, Wachau, Bergsteigerdörfer – Gastgeber arbeiten zusammen
  • ✅ Gemeinsame Vermarktung: Genussregionen, Nationalpark-Partner, Bio-Hotels
  • ✅ Wissensaustausch: Best Practices werden geteilt, nicht geheim gehalten
  • ✅ Gemeinsame Werte: Nachhaltigkeit, Regionalität, Qualität statt Quantität

Beispiel aus Österreich: Der Bregenzerwald ist ein Paradebeispiel für Kooperation. Über 200 Partnerbetriebe arbeiten zusammen: Hotels, Restaurants, Handwerker, Bauern. Gemeinsame Vermarktung, gemeinsame Qualitätsstandards, gemeinsame Vision. Das Ergebnis: Eine der erfolgreichsten nachhaltigen Tourismusregionen Europas.

Lektion 4: Potenzialentfaltung – Was wäre, wenn wir Tourismus neu denken?

André Stern, der nie zur Schule ging, zeigt im Film, was passiert, wenn Menschen aus Begeisterung lernen statt aus Zwang: Sie entwickeln außergewöhnliche Fähigkeiten, sind kreativ, selbstbestimmt und erfolgreich.

Was wäre, wenn wir Tourismus genauso denken? Nicht als Zwang („Wir müssen Nächtigungszahlen steigern“), sondern als Potenzialentfaltung für Regionen, Gastgeber und Reisende?

Tourismus als Potenzialentfaltung:

  • ✅ Für Regionen: Tourismus stärkt lokale Identität, bewahrt Traditionen, schafft Arbeitsplätze
  • ✅ Für Gastgeber: Tourismus ermöglicht es, die eigene Heimat zu zeigen und zu schützen
  • ✅ Für Reisende: Tourismus bietet echte Erlebnisse, Bildung, persönliches Wachstum
  • ✅ Für die Natur: Tourismus finanziert Naturschutz und sensibilisiert für Umweltthemen

Beispiel aus Österreich: Der Nationalpark Hohe Tauern zeigt, wie Tourismus Potenziale entfalten kann. Ranger-Programme bilden Besucher über Natur und Klimawandel auf. Partnerbetriebe profitieren von Gästen, die bewusst reisen. Die Region bewahrt ihre Natur und stärkt gleichzeitig die lokale Wirtschaft. Alle gewinnen.

Lektion 5: Begeisterung statt Pflicht – Reisen, die berühren

Gerald Hüther erklärt im Film, dass Begeisterung der Schlüssel zu echtem Lernen ist. Wenn wir begeistert sind, öffnet sich unser Gehirn, wir sind kreativ, neugierig, lernfähig.

Das gilt auch fürs Reisen. Die besten Reisen sind die, die uns begeistern – nicht die, die wir abhaken.

Reisen, die begeistern:

  • ✅ Echte Begegnungen: Gespräche mit Einheimischen, gemeinsames Kochen, Geschichten hören
  • ✅ Naturerlebnisse: Sonnenaufgang auf einer Alm, Gletscherwanderung, Sternenhimmel im Nationalpark
  • ✅ Handwerk erleben: Käse machen auf einer Alm, Brot backen im Holzofen, Schnitzen lernen
  • ✅ Traditionen verstehen: Almauftrieb, Erntedankfest, regionale Feste miterleben
  • ✅ Sinnvolle Beiträge: Volunteering, Naturschutzprojekte, Unterstützung lokaler Betriebe

Beispiel aus Österreich: Im Bergsteigerdorf Ginzling kannst du auf einer Alm übernachten, bei der Käseherstellung helfen, mit dem Bauern über sein Leben sprechen. Das ist kein „Programm“ – das ist echte Begeisterung. Und genau diese Erlebnisse bleiben ein Leben lang in Erinnerung.

Was können wir konkret tun? 5 Schritte für nachhaltigen Tourismus

Der Film endet mit der Frage: „Was können wir tun?“ Hier sind 5 konkrete Schritte, wie wir Tourismus aus Liebe statt aus Angst gestalten können:

1. Als Reisender: Reise aus Begeisterung, nicht aus Angst

  • ✅ Frage dich: Warum will ich dorthin? Weil ich es wirklich erleben will – oder weil „alle“ dort waren?
  • ✅ Wähle Slow Travel: Weniger Orte, dafür intensiver
  • ✅ Suche authentische Erlebnisse: Bergsteigerdörfer, Bio-Bauernhöfe, Nationalparks
  • ✅ Unterstütze lokale Betriebe: Buche direkt, kaufe regional, iss in Gasthäusern statt Ketten
  • ✅ Reise respektvoll: Respektiere Natur, Kultur, Menschen vor Ort

2. Als Gastgeber: Zeige deine Heimat aus Liebe, nicht aus Zwang

  • ✅ Frage dich: Was liebe ich an meiner Region? Teile genau das mit deinen Gästen
  • ✅ Setze auf Qualität statt Quantität: Weniger Gäste, dafür echte Begegnungen
  • ✅ Arbeite mit anderen zusammen: Regionale Netzwerke, Kooperationen, Wissensaustausch
  • ✅ Bewahre Traditionen: Zeige, was deine Region einzigartig macht
  • ✅ Schütze die Natur: Nachhaltigkeit ist kein Marketing – es ist eine Haltung

3. Als Region: Entwickle deine eigene Identität

  • ✅ Frage dich: Was macht uns einzigartig? Kopiere nicht andere Regionen
  • ✅ Setze auf Kooperation statt Konkurrenz: Gemeinsame Vermarktung, gemeinsame Werte
  • ✅ Fördere lokale Betriebe: Regionale Wertschöpfung statt internationale Ketten
  • ✅ Schütze die Natur: Tourismus muss Naturschutz finanzieren, nicht zerstören
  • ✅ Bilde Gäste: Ranger-Programme, Workshops, Hintergrundwissen über Nachhaltigkeit

4. Als Plattform: Mache nachhaltige Angebote sichtbar

  • ✅ Liste nur nachweislich nachhaltige Angebote (Zertifizierungen, Nachweise)
  • ✅ Erkläre warum diese Angebote nachhaltig sind (Transparenz)
  • ✅ Verbinde Reisende und Gastgeber, die die gleichen Werte teilen
  • ✅ Teile Geschichten: Zeige, wie nachhaltiger Tourismus funktioniert
  • ✅ Bilde eine Community: Menschen, die Tourismus neu denken

5. Als Gesellschaft: Definiere Erfolg neu

  • ✅ Erfolg ist nicht: Mehr Nächtigungen, mehr Umsatz, mehr Wachstum
  • ✅ Erfolg ist: Zufriedene Gäste, geschützte Natur, starke lokale Gemeinschaften, bewahrte Traditionen
  • ✅ Messe nicht nur Quantität (Nächtigungszahlen), sondern Qualität (Gästezufriedenheit, regionale Wertschöpfung, Umweltschutz)
  • ✅ Fördere Qualitätstourismus statt Massentourismus
  • ✅ Unterstütze Pioniere: Regionen, Gastgeber, Initiativen, die Tourismus neu denken

Fazit: Tourismus aus Liebe statt aus Angst

Der Film „Alphabet“ zeigt, was passiert, wenn wir aus Angst handeln: Wir zerstören Kreativität, Vielfalt, Potenziale. Und er zeigt, was passiert, wenn wir aus Liebe handeln: Wir entfalten Potenziale, schaffen Einzigartiges, bewahren, was wertvoll ist.

Im Tourismus ist es genauso. Wenn wir aus Angst reisen (FOMO, Bucket Lists, Konkurrenz), zerstören wir die Orte, die wir lieben. Wenn wir aus Liebe reisen (Begeisterung, Authentizität, Respekt), bewahren wir sie.

Nachhaltiger Tourismus ist Tourismus aus Liebe.

Liebe zur Natur. Liebe zur Kultur. Liebe zu den Menschen. Liebe zu echten Erlebnissen. Liebe zu Österreich.

„Die Frage ist nicht: Wie viele Orte hast du gesehen? Die Frage ist: Wie viele Orte haben dich berührt?“

Bist du bereit, aus Liebe zu reisen?

Den Film „Alphabet“ ansehen

Wenn dich der Film interessiert, kannst du ihn hier ansehen:

  • Amazon Prime Video: Alphabet – Angst oder Liebe? (OmU)
  • DVD/Blu-ray: Bei Amazon oder im Fachhandel erhältlich
  • Weitere Filme von Erwin Wagenhofer: „We Feed the World“ (2005), „Let’s Make Money“ (2008)

Hinweis: Der Film ist aktuell nicht auf Netflix verfügbar (Stand 2025).

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Philipp Walz
Philipp Walz

Ich bin Philipp und brenne für nachhaltiges Reisen. Die Idee zu nachhaltigertourismus.at entwickelte ich während meines Masterstudiums in Green Marketing an der FH Wiener Neustadt – aus der Erkenntnis heraus, dass herkömmlicher Tourismus oft tiefe Spuren hinterlässt. Für mich bedeutet nachhaltiges Reisen: Orte bewusst erleben, lokale Kulturen respektieren und den eigenen Fußabdruck minimieren. Jede Reise erweitert meinen Horizont, lehrt mich Achtsamkeit und schenkt mir authentische Begegnungen, die mich prägen. Nachhaltiger Tourismus ist kein Verzicht – er ist eine bereichernde Erfahrung, die unser Leben und unsere Welt positiv verändert. Probier es aus und erlebe selbst, wie erfüllend bewusstes Reisen sein kann!

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